Glatz-Familiengeschichtliche Forschung e.V.

Vorwort zu Bericht von Baldur Glatz

Auf unserer Fahrt „Auf den Spuren der Glatz“ im Jahre 2009 waren wir in Tschechien unterwegs und haben einiges über die dortigen „Glatz“ in Erfahrung gebracht. Dass Forschung aber niemals zu Ende ist, beweist der Reisebericht von Baldur Glatz, der in diesem Jahr ebenfalls in Aussig und Umgebung unterwegs war, und einige weitere interessante Entdeckungen gemacht hat. Lesen Sie hier seinen ausführlichen Reisebericht. Seine Bilder sind teilweise mit denen von 2009 identisch, aber es sind auch einige neue – und sicherlich interessante – Aufnahmen dabei.


Hier nun der Bericht:

Auf den Spuren der Glatz im böhmischen Erzgebirge

Ein Reisebericht von Baldur Glatz

Der Ursprung meiner Familie liegt im ehemaligen Sudetenland und zwar im Landkreis Kaaden an der Eger. Geboren bin ich am 21.12.41 in Weiden bei Redenitz, dem Wohnort meiner Mutter. Beide Orte existieren nicht mehr. Mein Vater stammt aus einer Landwirtsfamilie in Pokatitz, nahe der schönen Kreisstadt Kaaden. Der Glatz-Hof steht noch heute.

Im Jahr 1946 wurde die gesamte Familie infolge des Krieges aus der Heimat vertrieben und lebte seit 1948 in Fischbachau, OT Elbach im Landkreis Miesbach in Oberbayern.

In den Nachkriegsjahren hielt sich mein Interesse an der Familiengeschichte in Grenzen. Meine Eltern und Verwandten erzählten zwar viele Einzelheiten über das Leben in der alten Heimat, doch meine Kenntnisse beschränkten sich mehr auf die historischen Zusammenhänge. Im Übrigen hatte ich keine Gelegenheit, in die CSSR zu fahren, da ich aus beruflichen Gründen von meinem Dienstherrn BRD keine Reisegenehmigung erhielt. Meine Glatz-Verwandtschaft stammte ausschließlich aus den Ortschaften Gehae, Kojetitz, Rodbern, Radonitz und Winteritz im südlichen Landkreis Kaaden.
Nach der politischen Wende im Ostblock fuhr ich 1992 erstmals in die alte Heimat, um ernüchtert festzustellen, wie vor allem die Dörfer auf dem Lande heruntergekommen waren und die tschechischen Bewohner sehr zurückhaltend auf deutsche Besucher reagierten. Dennoch war nun mein Interesse an der Familiengeschichte stark gestiegen. Allerdings hatte ich mich schon vorher etwas mit den historischen Vorfahren der Glatz beschäftigt. Seit mehr als 30 Jahren hängt das Wappen der Glatz von Althof in meinem Wohnzimmer.

Seit nunmehr zwei Jahren bin ich Mitglied unseres Forschungsvereins. In dieser Zeit hatte ich mit unserem Archivar Robert Glatz häufig Kontakt, um eine Ahnen-Liste der böhmischen Glatz zu erarbeiten (siehe hierzu Heft Nr. 56 vom April 2013 – Seite 6)!

Nach dem Ende meiner Berufstätigkeit fuhr ich im Mai 2013 nach über 20 Jahren mit Familienmitgliedern erstmals wieder ins Egerland. Zum Einen beabsichtigte ich Reste meines zerstörten Geburtsortes wiederzufinden, andererseits den Zustand meines Vaterhauses in Pokatitz zu sehen.
Ein weiterer Beweggrund war, den Spuren des historischen Geschlechtes der Glatz von Althof nachzugehen. Diesbezüglich hatte ich mehrere Anhaltspunkte ermittelt, wie z.B. frühere Besitztümer in Nordböhmen. Hierzu hatte ich schon vor der Reise den Bericht und die Fotoserie von 2009 unseres Vereins eingesehen.

Unser erstes Ziel war Schloß Rothenhaus bei Görkau, welches sehr beeindruckend wirkte. Anschließend fuhren wir nach Graupen im Erzgebirge, um evtl. Reste des Althofes, der Stammburg der Glatz, zu finden. Nach dem Besuch des Stadtmuseums gelang es uns nach beschwerlicher Suche, die spärlichen Ringmauern des Turmes der einstigen Wasserburg zu finden. Immerhin ein kleiner Sucherfolg. Nach einigen Aufnahmen bekamen wir Schwierigkeiten mit einem Nachbarn des Ruinengeländes, der uns sehr unfreundlich daran hinderte, weitere Fotos am Rande seines Grundstücks zu machen.

Nun fuhren wir weiter nach Aussig, um die berühmte Burg Schreckenstein hoch über der Elbe zu besichtigen. Diese war bekanntlich einst im Besitz (1479 – 1506) der Glatz von Althof. Hans der II. wurde „Herr von Schreckenstein“ genannt. Die Familie hatte seinerzeit die Burg im neugotischen Stil umgebaut. Der Rundgang durch die Burg war sehr beeindruckend, insbesondere der Blick auf das Elbtal und die Stadt Aussig.

Sehr enttäuschend war für mich allerdings die Wappengalerie der früheren Besitzer im Turm der Burg. Das Wappen der Glatz war nicht nur historisch falsch, sondern auch auf primitive Art abgeändert (nachträglich aufgemalter Bart). Dargestellt wird das Wappen der Glatz von „Althaus“. Dieses Geschlecht existierte erst seit 1580 und ist m. E. nicht mit dem von Althof identisch! Da aber der Schreckenstein unter Hans II. im Besitz der Glatz von Althof war, müsste das Reichenbacher Wappen dargestellt werden. Der Verein sollte versuchen, diesen historischen und heraldischen Fehler bei der Burgverwaltung zu beanstanden.

Der vermeintlich nächste Höhepunkt sollte der Besuch der Stadtkirche von Aussig werden. Uns war bekannt (Bericht der Heimatfreunde Aussig und Fotos in der Bildgalerie des Glatz-Vereins), dass dort das Grabdenkmal des Ritters Adam II Glatz von Althof aus dem Jahr 1588 zu sehen ist. Leider wurden wir bitter enttäuscht, da an diesem Pfingstsonntag die Kirche überfüllt war und die Messe ungewöhnlich lange dauerte. Beim Blick ins Kirchenschiff war von einem großen Denkmal nichts zu sehen, da dieses hinter einem Pfeiler im Seitenschiff verdeckt war. Auch die Grabplatte von Bernhard I. war nicht zu entdecken. Etwas frustriert mussten wir nach längerer Wartezeit leider abreisen. Wir hatten uns aber gleich vorgenommen, das Versäumte unbedingt im nächsten Jahr nachzuholen.

Anfang Mai 2014 reiste ich mit fünf Familienangehörigen erneut nach Tschechien. Wir konnten gut vorbereitet die Reste meines Geburtsortes Weiden ausfindig machen. In Pokatitz bei Kaaden fanden wir mein einstiges Vaterhaus, den Glatz-Hof in einem relativ gut renovierten Zustand vor. In den südlich von Kaaden liegenden Dörfern Kojetitz, Winteritz und Radonitz suchten wir auf den noch vorhandenen Friedhöfen aber vergeblich nach Spuren der Glatz-Ahnen.

Nun begaben wir uns in Richtung östliches Erzgebirge über Komotau zunächst nach Görkau, um das bereits bekannte Schloß Rothenhaus aufzusuchen. Dies befand sich um 1485 bis 1516 im Besitz des Lorenz Glatz a. A. Er war auch Herr von Görkau und wurde 1517 in der dortigen Kirche in einem Zinnsarg beigesetzt (Geschichte der Stadt Görkau und Schloss R. von Rudolf Densler 1928) Der Zinnsarg und Leichnam sind nicht mehr vorhanden.

Von Rothenhaus fuhren wir weiter mit einem Umweg über den Kamm des Erzgebirges nach Graupen. Dort fanden wir diesmal ohne Mühe die Stammburg der Glatz, den sog. Althof. Am Stadtplatz rechts neben dem Rathaus steht das Haus, welches einst dem Stammvater der Glatz – Hans dem Älteren – gehörte, der 1452 den Althof erworben hatte. Er war nicht im Adelsstand! (siehe Geschichte der Bergstadt Graupen)! Sein Grabmal war nicht zu finden. Die Stadtkirche ist seit längerer Zeit wegen Renovierung geschlossen. Der Friedhof befindet sich neben der interessanten St. Anna-Kapelle. Vermutlich ist Hans der Ältere dort begraben. Gestorben ist er zwischen 1463 und 1471 (ASL – IV. Ahnengeneration)!

Von Graupen aus wollten wir noch die Ruinen der Geyersburg suchen. Wir verpassten aber den rechten Weg und kamen stattdessen nach Kulm (Chlumec), ca. 15 km nördlich von Aussig. Mir war bekannt, dass auf dem dortigen Friedhof alte Gräber der Glatz v. A. und der Kölbel von Geising seien. Aus Zeitgründen fuhren wir aber sofort nach Aussig weiter, um die Burg Schreckenstein zu besichtigen. Diese hatte ich schon im Vorjahr besucht, nicht aber meine neuen Begleiter. Alle waren trotz des sehr kühlen und regnerischen Wetters von der imposanten Anlage beeindruckt. Ich selbst aber war wegen des falschen Glatz-Wappens, wie ich es schon im Vorjahr gesehen hatte, erneut verärgert. Eine Reklamierung beim ahnungslosen Führungspersonal wäre aber zwecklos gewesen.

So fuhren wir dann zurück nach Aussig in die Innenstadt und warteten auf die Öffnung der mittelalterlichen Stadtkirche. Vor der Anreise hatten wir schon bei der Stadtverwaltung schriftlich um eine Erlaubnis zur Besichtigung der Grabdenkmäler angesucht. Diese wurde uns für 17:30 Uhr zugesagt. Pünktlich erschien ein Vertreter (Messner) der Kirchenverwaltung und bedeutete uns, dass wir fotografieren können. Nun bekamen wir endlich die Gelegenheit, das uns schon von Fotos bekannte Grabdenkmal des Adam II. Glatz v. A. von 1588 mit Sockelinschrift in Natur zu sehen. Wir fotografierten eifrig alle Details, insbesondere aber die beiden Säulen neben der Ritterfigur. Hier entdeckten wir vier zunächst unauffällige Reliefwappen. Zur Überraschung bemerkte ich an der linken Säule oben das Wappen der Glatz und darüber die Inschrift „DER GLATZ W“ (Wappen), darunter ein zweites Wappen, darüber die Inschrift „DER KELBEL W.“! Von dieser Entdeckung war ich besonders beeindruckt und erfreut, denn nie zuvor hatte ich ein originales Glatz-Wappen gesehen, welches dem Reichenbacher Wappen sehr nahe kommt. Es waren sogar noch rote Farbreste der Adlerflügel zu sehen. Das Wappen der Kelbel (= Kölbel v. Geising) war mir vorher nicht bekannt. Es verweist auf die Mutter des Verstorbenen, die eine geb. Kölbel v. G. war – sie hieß Eva Margarete und war mit Hans III. Glatz v. A., dem Vater Adams verheiratet. Sie ist 1585 verstorben und in Kulm begraben worden.
Die beiden Wappen an der rechten Säule sind unbeschriftet, verweisen aber m. E. auf die Fam. der Ehefrau des Adam mit Namen Maria Anna, Walkaun v. Adler.
Das Wappen zeigt einen Adler.
Das zweite Wappen darunter zeigt ein Männergesicht und verweist vermutlich auf die Familie der Mutter von Maria Anna.
Diese Angaben entsprechen den Namen und Daten aus der ASL (Ahnen- und Sippenliste) der Glatz v. A. und Geyersberg.

Eine Grabplatte von Hans III. v. A. u. G., dem Vater des Adam, war nicht zu finden, obwohl er ebenfalls in der Stadtkirche von Aussig begraben wurde. Vermutlich ist die Platte bei der Erneuerung des Kirchenbodens verlegt oder zerstört worden.

Die bereits bekannte Grabplatte des Bernhard des Älteren Glatz in selbiger Kirche konnten wir ebenfalls auffinden und fotografieren. Die nahezu unleserliche Randumschrift in böhmischer Sprache lautet nach deutscher Übersetzung: „1542 nach Christus starb Herr Bernhard der Ältere Glatz von Althof“.
Die Beschreibung der Grabmäler in Aussig ist den Mitteilungen der K.K. Central-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmäler XXVI. Jahrgang, Wien 1898 zu entnehmen.

Nach erfolgreicher Besichtigung der Stadtkirche in Aussig erinnerte ich mich an die Hinweise in der Familiengeschichte der Glatz v. A. von Hermann Hallwich, wonach in Kulm beim Abriss der alten Kirche mehrere Grabsteine von Glatz-Frauen vorgefunden wurden. Wir fuhren daher zurück nach Kulm (Chlumec), welches ca. 13 km nördlich von Aussig an der Passstraße über das Erzgebirge nach Sachsen liegt.
Auf Verdacht suchten wir nach einem Friedhof, der in der Nähe der Stadtkirche vermutet wurde. Zu unserer Überraschung entdeckten wir sehr bald, dass es sich bei den fraglichen Grabsteinen um große Reliefgrabplatten handelte, die an der rückseitigen Außenwand der Kirche angebracht waren. Es waren Grabplatten, die aus der ehemaligen Gruft stammten und noch zum Teil lesbare Namen von Verstorbenen aus dem Geschlecht der Glatz v. A. und der Kölbel von Geising trugen. Wir fotografierten alle Grabplatten sorgfältig und machten von den wichtigsten auch Detailaufnahmen. Die Randbeschriftung konnte ich später mühevoll entziffern (siehe Anlage)!

Für uns besonders interessant war die Platte mit dem Namen der Eva (Margarete) Glatzin, eine geb. Kölbel mit Datum 07. Mai 1585. Sie war mit Hans III. Glatz v. A. verheiratet und die Mutter von Adam II. (siehe Denkmal in Aussig)! Ferner war noch lesbar die Platte mit dem Namen Marianne Kölbelin, eine geb. Glatz v. A., mit Datum 06. Okt. 1593. Sie war mit Otto Kölbel von Geising verheiratet, der schon 1585 verstarb. Sein Grabstein konnte ebenfalls entziffert werden.

Der Grabstein der am 05.07.1583 verstorben und ebenfalls in Kulm begrabenen Magdalena Kappler von Sullowitz, eine geb. Glatz v.A., konnte jedoch nicht aufgefunden werden. Dennoch hatte sich unsere Suche nach den wichtigsten Spuren der Glatz v. A. auch in Kulm gelohnt.

Erfreut über die Ergebnisse unserer Reise kehrten wir noch am Abend nach Kaaden zurück und traten tags darauf die Heimreise nach Oberbayern an. Die wichtigsten Fotos der einzelnen Stationen unserer Spurensuche werden, soweit gewünscht, zur Aufnahme in die Bildergalerie unseres Vereins übersandt.

Ich hoffe, dass ich mit meinen zum Teil neuen Erkenntnissen, mit entsprechenden Fotos und Quellenangaben belegt, etwas zur Ergänzung und Vervollständigung der Familienforschung unseres Vereins beitragen konnte.

Baldur Glatz


Impressionen: